Sonntag, 14. Juni 2015

Meisterseminar Schloss Fürstenried

Auch der 2. Seminartag erwies sich als überaus spannend. Wir starteten mit Shōka shōfūtai sanshu-ike. Sensei Toyoda erklärte zuerst die Gemeinsamkeiten mit isshu-ike und nishu-ike-Arrangements und vertiefte dann die zusätzlichen zu beachtenden Punkte. Neben shūsshō und dem Landschaftscharakter des Arrangements kommt es beim Shōka sanshu-ike auf die eigene Idee an. Dabei soll auf Gegensätzlichkeit im Arrangement geachtet werden. Dynamisch fließende Linien sollten mit eher streng aufstrebenden Elementen kombiniert werden und auch die Farbgestaltung spielt eine wichtige Rolle. Die Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeit reicht von der "Schulform" bis hin zu freien Umsetzungen mit Betonung – oder beinahe Übertreibung – einzelner Elemente. Da können dann schon mal ashirai höher oder dominanter als die eigentlichen Hauptlinien ausfallen. Der künstlerischen Freiheit sind fast keine Grenzen gesetzt, solange das Arrangement noch als traditionelles Shōka erkennbar ist. 
Für den praktischen Teil erhielten wir Sonnenblumen, Clematis, Schachtelhalm und Phönixpalme. Daraus sollten wir 3 Materialien auswählen und eine eigene Idee in ein Arrangement umsetzen (das Ergebnis sollten wir dann aber auch noch erklären können). Von den fortgeschritteneren TeilnehmerInnen wurde ein möglichst kreativer Entwurf gefordert. Zur Veranschaulichung des theoretischen Teils demonstrierte Prof. Toyoda 2 vom Ausdruck her völlig unterschiedliche Arrangements. Eines noch sehr an die Schulform angelehnt, das andere bereits deutlich kreativer und freier arrangiert. 
Am Nachmittag ging es dann mit Shōka shinpūtai weiter. Auch hier wieder 3 Materialien, aber keine vorgegebene Form mehr. Neben den Gegensätzen von in und yo waren es auch der geänderte Blickwinkel und vor Allem der Begriff ma (der leere Raum), die ein Shōka shinpūtai prägen. Neben den Hauptelementen shu und yo kommt auch dem ashirai eine wichtige Rolle zu. Dieser kann sowohl als Ergänzung der einzelnen Hauptelemente dienen, oder aber auch den von shu und yo erzeugten Spannungsbogen in irgendeiner Weise ergänzen bzw. unterstützen. 
Ein wesentlicher Punkt, der ebenfalls zur Sprache kam, ist die Verfremdung des kazai. Die Übergänge zwischen shi-zen und hi-shi-zen sind fließend. Im Japanischen gibt es den Begriff fu-zen. Es handelt sich dabei um die künstlerische Formung von kazai, welches dann nicht mehr als shi-zen (natürlich) gilt, aber auch noch nicht hi-shi-zen (unnatürlich) ist. Darunter versteht man Veränderungen, die ohne den Gebrauch von Werkzeugen (z.B. nur durch Abzupfen oder Ausdünnen) am kazai durchgeführt werden können. Solcherart verändertes kazai ist im Shōka und Rikka shinpūtai zulässig, während hi-shi-zen ausschließlich dem Jiyūka vorbehalten ist. 
Diesmal gab es kein Vorführarrangement. Wir hatten Neuseelandflachs, Godetien und Schleierkraut zur Auswahl, konnten aber auf anderes kazai zurückgreifen. Die Korrekturrunde war dann Schwerarbeit für den Sensei. Er nahm sich außergewöhnlich viel Zeit für jeden Einzelnen und brachte das, was wir ausdrücken wollten – und woran wir auch mal scheiterten - in eine harmonische Form. Wieder einmal ein überaus lehrreicher Unterricht.

Shōka shōfūtai sanshu-ike von Prof. Toyoda

 unsere Tagesausbeute ...

... und weitere Shōka shinpūtai anderer TeilnehmerInnen
 

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