Mittwoch, 23. Januar 2013

Ein duftender Übungsabend

Der vergangene Übungsabend war ziemlich geruchsintensiv, denn er stand im Zeichen von suisen. Die Tazette (Narcissus tazetta) ist eine in Japan heimische Pflanze, die dort wild wächst, wie bei uns die Schneeglöckchen. Im Unterschied zu den im Blumenhandel erhältlichen Sorten haben die Wildformen sehr lange und vor allem stabile Blätter. Wir können schon froh sein, wenn wir Pflanzen mit 30 cm Blättern und ausreichend langer hakama auftreiben können. Speziell ab Februar gibt es zwar die schönen dunkel-gelben Blüten, aber die Blätter sind - wenn man Pech hat - gerade mal 10 cm lang. Diesmal hatten wir aber Glück: Cremefarbene Blüten mit gelber Mitte (im Japanischen nennt man diese Sorte "Goldkelch auf Silbertablett"), gerade, lange Blätter und das auch noch in genügender Anzahl - einem Denka stand daher nichts mehr im Weg.
Einfach schnell die bestehenden Stämme zerlegen, 8 passende Blätter, 2 Blütenstiele und 2 hakama aussuchen, die Stämme wieder zusammensetzen, im Gefäß aufstellen und zurecht biegen - fertig ist das Arrangement. Unsere Juniorinnen hatten da etwas mehr zu tun. Sie übten ein vorfrühlingshaftes Moribana mit Cornus-Zweigen, Tazetten und Anemonen.
OK, ganz so einfach ist ein Denka nicht zu arrangieren, schließlich handelt es sich bei dieser Form um eine spezielle Überlieferung, die früher nur vom Meister an seine Meisterschüler weitergegeben wurde. Beim Ikebana ist es oft so, je schlichter und "einfacher" ein Arrangement wirkt, desto schwieriger ist die Umsetzung. Aber da wir Tazetten jedes Jahr im Programm haben, ist immer wieder ein Fortschritt bei den Übungen zu beobachten.
Am Ende des Abends war der Raum vom Tazettenduft erfüllt und 13 Arrangements vermittelten uns eine Ahnung vom kommenden Frühling. Eines ist mir bei der Fotorunde leider wieder durch die Lappen gegangen :-(

 
 

Mittwoch, 9. Januar 2013

Jiyûka zum Jahresbeginn

Gestern begrüßten wir das neue Ikebanajahr mit einem Jiyûka, das Elemente des traditionellen Neujahrsarrangements - shô-chiku-bai - und andere Glück verheißende Symbolpflanzen enthalten sollte. Ein shô-chiku-bai besteht aus Kiefer, Bambus und vorgetriebener Winterpflaume und steht für langes, erfolgreiches Leben und die Fähigkeit, sich gegen Widrigkeiten zu behaupten. Die Kiefer als immergrüne Pflanze symbolisiert das Leben schlechthin, der Bambus als Gras breitet sich schnell aus und besiedelt erfolgreich neue Gebiete und die Winterpflaume trotzt Eis und Schnee und treibt aus knorrigen Ästen frische, zarte Blüten.
Da wir das Jahr gemütlich und nicht gleich mit einem komplizierten klassischen Shôka beginnen wollten - das blüht uns spätestens bei den kommenden Workshops - haben wir uns für Jiyûka entschieden. Winterpflaume ist bei uns nicht erhältlich, also sind wir auf andere Blütenzweige ausgewichen. Ein zusätzliches glückbringendes Element sind rote Beeren, die für Reichtum stehen (wer kann den nicht gebrauchen). Ursprünglich sind es die Beeren von nanten (Nandinia, auch Heavenly Bamboo genannt) und omoto (Rhodea japonica, ein Aronstabgewächs). Wir haben uns mit Hagebutten, Ilex und Hypericum begnügt. Um ein wenig Farbe ins Spiel zu bringen und um den Frühling herbeizurufen, haben wir teilweise Frühlingsblumen benutzt. Einige von uns betonten auch den festlichen Charakter des Arrangements und verwendeten "edle" Blumen in Kombination mit den Symbolpflanzen.
Jedenfalls hatten wir viel Spaß beim Arrangieren und haben somit das neue Ikebanajahr gebührend begrüßt. Möge es erfolgreich weitergehen.