Mittwoch, 25. Januar 2012

Shôka shinpûtai - eine Herausforderung

Der gestrige Übungsabend widmete sich einer modernen Ikebana-Stilrichtung, welche zwar einfach aussieht, aber im Endeffekt doch nicht so ohne Weiteres zu arrangieren ist. Alles drehte sich um Shôka shinpûtai. 
Entwickelt wurde dieser Stil von unserem derzeitigen Headmaster, Ikenobô Sen'ei, in den späten 1970er-Jahren. Es war als ein zeitgemäßes Ikebana gedacht, das dem Umstand gerecht wurde, dass die meisten Menschen nur Zugang zu Pflanzen aus dem Blumenhandel haben. Im Gegensatz zum traditionellen Shôka, bei welchem Pflanzen aus einem Habitat verwendet werden müssen (mal ganz abgesehen davon, dass es auch sonst noch unzählige Regeln zu beachten gilt), können beim Shôka shinpûtai Pflanzen unterschiedlichster Herkunft miteinander kombiniert werden.
Die Regeln sind an und für sich ganz einfach - man kombiniere 3 Materialien und bringe das Arrangement zum Leben - der Teufel liegt aber im Detail. Durch das Zusammenwirken der verschiedenen Materialien sollen diese einerseits einander unterstützen, andererseits sollen aber Kontraste für Spannung sorgen. Wie gesagt, ziemlich verzwickt. Ein Meister hat einmal das Shôka shinpûtai mit dem 100 Meter-Olympiafinale verglichen: Der Lauf selbst ist schnell erledigt, aber bis man soweit kommt.....
Jedenfalls haben wir unsere Aufgabe gar nicht so schlecht gelöst. Spannung, Schwung und trotzdem Harmonie und frühlingshaftes Feeling erfüllte den Seminarraum.

 

Mittwoch, 11. Januar 2012

Start ins neue Ikebanajahr

 Nach 3 Wochen Pause begrüßten wir das neue (Ikebana-)Jahr mit einem festlichen Arrangement freier Wahl.
Das traditionelle Neujahrsarrangement ist ein klassisches Shôka mit Rotkiefer (matsu), Bambus (take) und blühender Pflaume (ume), welches shô-chiku-bai genannt wird. Bei diesem Arrangement werden drei hochwertige Pflanzen gleichberechtigt verarbeitet - es gibt also kein Haupt- und Nebenmaterial. Diese traditionelle Form ist der Vorläufer des modernen Shôka sanshu-ike.
Hier bei uns lässt sich ein korrektes shô-chiku-bai leider nicht verwirklichen. Abgesehen davon, dass sich ein klassisches Shôka nicht eben so aus dem Handgelenk schütteln lässt, besteht die Schwierigkeit in der Materialbeschaffung:
Kurznadelige Rotkiefer wächst nicht an jeder Ecke und schön geschwungene knorrige Äste lassen sich - ohne Waldfrevel zu begehen - auch nicht leicht finden. Als Ersatzmaterial dienen Latsche oder "frisierte" Schwarzkiefer. 
Winterpflaume ist in unseren Breiten ebenfalls nicht heimisch. Alternativ kann man Blutpflaume oder wilde Zwetschke verwenden, aber da bräuchte man ebenfalls dicke und eventuell mit Flechten bewachsene Äste. Die müssen dann so vorgetrieben werden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt gerade am Aufblühen sind - das lässt sich mit einigem Aufwand aber ganz gut hinkriegen.
Das größte Problem stellt der Bambus dar. Gewünscht wäre eine Stammdicke von mindestens 5 cm, dazu kurze, dicht belaubte Seitentriebe, die einem trotz aller Tricks nicht gleich unter der Hand verwelken. Wir müssen uns halt mit wesentlich dünneren Stämmen begnügen, die meist ziemlich lange Seitentriebe aufweisen. Und dass die Blätter sich relativ schnell einrollen, damit muss man leben. Es ist eben ein Arrangement für den Augenblick.
Trotz aller Hindernisse gab es beim gestrigen Übungsabend dann doch ein "europäisiertes" shô-chiku-bai zu sehen. Daneben noch ein Shôka sanshu-ike betsuden (nidan-soe) und mehrere Jiyûka. Alle Arrangements mit zumindest einem der traditionellen Materialien. Alles in allem ein gelungener Start in das neue Ikebanajahr.

  
   
 

Dienstag, 10. Januar 2012

Wintersterne

In kahlen Wintern
hungern Vasen nach Blumen –
mein Herz nach Düften
Dietlinde Heider


In der Zeit vom 8. bis 9. Dezember 2011 fand heuer bereits zum zweiten Mal im Foyer der Donaucity-Kirche unsere Ikebana-Ausstellung statt. Quer durch die Palette des Ikebana gab es Moribana, Nageire, Jiyûka, Shôka shinpûtai, Shôka shofûtai, kake-bana, Rikka shinpûtai und ein Rikka shofûtai zu sehen. Und nicht weil ich selber auch arrangiert habe, bin ich der Meinung, dass uns die Ausstellung gelungen ist. 
Leider hingen an den Wänden ausgestellte Bilder von Malern, die auf Käufer warteten und deshalb durften wir sie nicht entfernen. Auf den Fotos kommen daher  die Arrangements nicht so gut zur Geltung wie sonst. Aber das tat der Blumen- und Farbenpracht keinen Abbruch. Da gab es Amaryllis, Orchideen, Winterrosen, Lilien, Gerbera und tanzende, gepresste Ahornblätter auf silbernen Drähten. Last but not least vorgetriebene rosa Quittenzweige, eine wahre Pracht in der zurzeit tristen und trüben Zeit und vielleicht ein Ansporn für all jene, die nicht dort waren, die nächste Ausstellung zu besuchen.


Bericht: Christa Dreyer