Samstag, 25. August 2018

Tatehana-Workshop

Auf Wunsch der Teilnehmerinnen wurde das Thema unseres Wochenend-Workshops von "Shōka mit Spätsommermaterial" auf "tatehana" geändert. 
Dieser Arrangement scheint den Nerv der Zeit zu treffen: Mit relativ wenig Material, das größtenteils aus Garten oder freier Natur stammt, kann man in erstaunlich kurzer Zeit ein ansprechendes, kleines Arrangement erschaffen, dass auch noch in der winzigsten Wohnung ein passendes Plätzchen findet. Zudem hat man eine recht umfangreiche Palette an Gefäßen, die für dieses Ikebana verwendet werden können, zur Verfügung. 
Die Befestigung im komiwara hält – wenn man erst einmal den Dreh raus hat – bombensicher. Und man muss nur wenige Regeln beachten (zumindest nach dem zu urteilen, was bisher an Theorie bis zu uns hier durchgedrungen ist). Außerdem sieht ein tatehana wesentlich "edler" aus, als jedes Jiyūka. 
Also durchwegs nur Vorteile, die man bei der Beschäftigung mit der Materie hat. Trotzdem muss man gewisse Ikebana-Grundkenntnisse und ein geschultes Auge sein eigen nennen, sonst ist man trotz – oder auch gerade wegen – der Einfachheit des Arrangements schnell mal überfordert. 
Erst wenn man ein gewisses Harmonieverständnis verinnerlicht hat und die Behandlung des Pflanzenmaterials sowie die grundlegenden Techniken beherrscht, erhält man befriedigende Ergebnisse. 

Unsere fortgeschrittenen Damen waren jedenfalls mit Feuereifer bei der Sache. Die Pflanzen kamen natürlich größtenteils vom Blumengroßmarkt, aber auch vieles aus der freien Natur bzw. aus diversen Gärten und Balkonkisterl fand seinen Weg in die ÖGG. 
Wir hatten das Glück, dass es einige Händler am Grünmarkt gibt, die auch Gräser und "wild" anmutendes Material feilbieten. So konnten wir ziemlich interessante Pflanzen in unseren Arrangements verarbeiten. Die Farbpalette bewegte sich im Bereich von warmen Gelb-, Orange-, Rot- und Brauntönen, mit zusätzlichen Akzenten von Blau und Weiß. 

Eine unserer Damen war besonders fleißig und nutzte den Workshop, um letzte Prüfungen für ihr nächstes Diplom zu absolvieren – mit Erfolg, wie anzumerken ist. 

Am Samstag gab es zusätzlich zum Unterricht für die Fortgeschrittenen auch wieder einen Einsteigerkurs, der gleich von vier Damen in Anspruch genommen wurde. Das Programm umfasste hier ein natürliches Jiyūka im Stil des Moribana (ganz jahreszeitlich mit Zweigen, Astern und kleinen Röschen) und zwei moderne Jiyūka. Der Schwerpunkt bei letzteren lag einmal auf Linie und danach gab es noch ein massebetontes Ikebana. So konnten gleich die Unterschiede zwischen dem natürlichen Arrangement und der kreativen Weiterentwicklung verdeutlicht werden. 

Der Workshop verlief trotz der hohen Teilnehmerzahl sehr harmonisch und auch äußerst produktiv. Man konnte speziell bei den Fortgeschrittenen gut beobachten, wie sie sich immer mehr in die Materie vertieften. 
Hier nun von jeder unserer Damen ein ausgewähltes Arrangement.

 
verschiedene tatehana
 
 Arbeiten vom Einsteigerkurs und "Fingerübungen"

 die Prüfungsarrangements

Mittwoch, 15. August 2018

Geteilt oder nicht geteilt - das ist die Frage

Trotz Urlaubszeit war unser gestriger Übungsabend gut besucht. Sogar zwei Überraschungsgäste mischten sich unter die Teilnehmerinnen. Leider kamen die beiden Damen völlig ohne Voranmeldung, weshalb nichts für sie vorbereitet war.  Lediglich Blumenübertöpfe und Steckmasse brachten die beiden mit, dazu noch einige (leider gar nicht zusammenpassende) einzelne Blumen.
Aber Uschi kümmerte sich liebevoll um die Neuankömmlinge, organisierte Material aus den Restekübeln und zauberte mit ihnen quasi aus dem Nichts ansprechende Jiyūka. Und das alles, nachdem sie zuvor ihr eigenes Arrangement fertiggestellt hatte. 

Das Thema des Abends lautete Shōka shinpūtai kabu-wake mit selbst mitgebrachtem Material. Der Nachwuchs wurde mit Miscanthus, Zinnien und Spirea aus dem Garten versorgt und beschäftigte sich mit einem kleinen natürlichen Jiyūka. 

Die Fortgeschrittenen arbeiteten ihre Shinpūtai teilweise auch hito-kabu-ike und zwar speziell dann, wenn die Idee eines geteilten Arrangements zwar in Gedanken gut ausgesehen hat, in der Realität aber nicht vernünftig umzusetzen war. Und mit Zwang erreicht man im Ikebana erfahrungsgemäß rein gar nichts. 

Für diejenigen mit noch nicht so viel Ikebana-Erfahrung ist es anfangs auch etwas schwierig, passende Pflanzen für Shōka shinpūtai zusammenzustellen. Die Anweisung "man suche sich zwei Materialien, wovon jedes für sich gut aussieht, aber in Kombination sowohl Spannung als auch Harmonie vermitteln" ist schließlich ein wenig schwammig formuliert. Da steht man im Endeffekt oft mit einem ganzen Kübel voll Blumen da, die dann irgendwie doch nicht so richtig zusammenpassen wollen.

Auch der passende ashirai, mit dem "fehlende Aspekte hinzugefügt werden sollen", ist nicht immer einfach zu finden. Aber im Lauf der Zeit – wenn man beispielsweise bei Ausstellungen oder in diversen Heften viele Beispiele gesehen hat – wird man immer besser. 

Das gilt auch für die berühmten "speziellen, neuartigen Blickwinkel", unter denen man im Shinpūtai die Pflanzen betrachten soll. Nach den ersten krampfhaften Versuchen, die Blumen in ungewöhnlichen Positionen zu arrangieren, findet noch jeder seinen persönlichen Stil.