Mittwoch, 27. November 2019

Winterliches Jiyūka

Diesmal beschäftigten wir uns beim Übungsabend in der ÖGG mit winterlichem/jahreszeitlichem Freestyle, das auch als landschaftliches Arrangement gearbeitet werden konnte. Für diejenigen, die ein Überraschungspaket bestellt hatten, gab es kleine Philodendronblätter, Mini-Gerbera, Ilex-Zweige mit roten Beeren, Eustoma und silbergefärbte Birkenzweige. 
Die Ilex-Zweige repräsentierten die Jahreszeit (und symbolisieren den erhofften Reichtum für das kommende Jahr) und die silberne Birke vermittelte einen festlichen Charakter. Außerdem konnte mit dem Material der Gegensatz zwischen Linie und Fläche gut zur Geltung gebracht werden. 

Die Mehrheit der Damen und Herren brachte allerdings selbst zusammengesuchtes Material mit. Dadurch gab es eine Vielzahl unterschiedlichster Arrangements zu bewundern. 

Vorgeführt wurden diesmal zwei Freestyle-Varianten: Zuerst einmal ein eher konventionelles Jiyūka mit Fläche und Linie, das in aufrechter Form im kenzan gearbeitet wurde. Im Anschluss daran wurde eine alternative Befestigungstechnik für Glasvasen, wie sie auch beim Seminar mit Prof. Noda in Naurod zur Anwendung kam, gezeigt. 
Dafür wurde Aludraht mittels kleiner Saugnäpfe in einem höheren Glasgefäß befestigt und das Blumenmaterial dann in den Drahtschlingen verkeilt. Dabei musste auf einen schönen "Unterbau" geachtet werden, denn wenn die Stiele wild durcheinander im Gefäß stehen, dann wird der Gesamteindruck gestört. 

Bei den Arrangements aus selbst mitgebrachten Materialien kam viel altes und verwittertes Holz zum Einsatz, dazu noch verschiedene immergrüne Gehölze, die den landschaftlichen Eindruck der fertigen Werke und auch die Jahreszeit betonten. Einige Arrangements wurden zudem als echte Landschaften in großen Schalen gearbeitet. 
Auch die Arrangements aus den Überraschungs-Pflanzen waren recht vielfältig. Einzig die silberfarbenen Birkenzweige machten beim Fotografieren leichte Probleme. Die waren nämlich am Display der Kamera schlecht zu sehen, weshalb zwei der Arrangements auch abgeschnitten wurden. 

An der Prüfungsfront hat sich ebenfalls wieder etwas getan - diesmal ein Jiyūka yoko-no-hana mit Schwerpunkt Fläche. Jetzt fehlen nur noch die praktische  und die theoretische Hauptprüfung, dann darf sich die Kollegin auf ihr erstes Diplom freuen.

Kaum zu glauben, dass der kommende Übungsabend schon wieder der letzte für dieses Jahr sein wird. Die Zeit fliegt nur so dahin. Aber wir dürfen uns auf unsere Weihnachtsfeier freuen, die sicher wieder mit vielfältigen kulinarischen Genüssen aufwarten wird. Ach ja, ein bisserl Ikebana wird es wohl auch geben....

 
 

Dienstag, 19. November 2019

Ausstellung im MQ in Wien

Das Monatstreffen von Ikebana International Chapter #223 Wien fand diesmal in Form einer Ausstellung im Foyer der Ovalhalle des Museumsquartiers statt. Anlass war die Aufführung des ongaku-kyōgen (satirisch-pantomimische japanische Bühnenkunst mit Musik) Sukuru-ji ("Scrooge") nach Motiven der Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. 

Ab Mittag fanden sich die AusstellungsteilnehmerInnen am Ort des Geschehens ein. Aufgrund der guten Organisation im Vorfeld fand jeder sein bestelltes Podest am gewünschten Platz vor und konnte gleich mit dem Arrangieren beginnen. Dafür war bis etwa 15:30 Zeit, denn ab 16:00 war die Ausstellung öffentlich zugänglich. 

21 Arrangements im Foyer und eine große Arbeit im Bühnenbereich, geschaffen von Vertretern dreier Schulen (Ichiyō, Ikenobō und Sogetsu), konnten bewundert werden. 
Die Ausstellungsstücke hatten zum Teil Bezug zum Stück (Stichwort sanze – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; damit haben wir uns im September bereits ausführlich befasst) oder beschäftigten sich mit den Themen wabi-sabi. Es gab aber auch Arrangements, die ihrer selbst willen ausgestellt wurden. 
Ich habe es mir ein wenig einfacher gemacht und das Rikka vom Workshop in leicht abgeänderter Form nochmal aufgebaut. 

Anfangs hielt sich das Besucherinteresse in Grenzen, aber je näher der Beginn der Aufführung rückte, desto besser füllte sich der Ausstellungsraum. 
Die Aufführung selbst war ein wenig speziell, aber trotzdem ein unvergessliches Erlebnis. Zwei Schauspieler (Großvater und Enkel) und drei Musiker (Kontrabass, Violine und Akkordeon – eine schräge Kombination, aber im Zusammenspiel sehr beeindruckend) bestritten die Aufführung quasi inmitten der Zuschauer. 

In der Mitte der Halle wurde die "Bühne" von den Sesselreihen auf beiden Längsseiten begrenzt. Die Musiker hatten ihre Position auf einer Schmalseite und die andere wurde als Zugang für die Protagonisten genutzt. 

Der Darsteller des Scrooge – sein Alter konnte ich nicht eruieren, er dürfte aber bereits hoch in den 70ern sein – verfügte über eine phantastische Mimik und eine gewaltige stimmliche Präsenz. Der altjapanische Text, die Darstellung des verbitterten alten Geizhalses, der schließlich geläutert wird, alles passte wunderbar zusammen. 
Sein Enkel übernahm die Rollen der diversen Geister, die nicht nur durch die jeweilige Kleidung und die verschiedenen Masken, sondern auch durch die differenzierte Körpersprache zum Leben erweckt wurden. 

Es ist ein wenig schade, dass es nur eine einzige Vorführung in Wien gab. Und wir mussten im Anschluss auch gleich wieder unsere Ausstellung abbauen, da die Räumlichkeiten am Folgetag anderweitig benötigt wurden. Hier nun die Bilder von unseren Werken. Das Gruppenfoto mit den Protagonisten von Ausstellung und Aufführung wird nachgereicht.


Und hier noch die Gruppenfotos mit den Ikebana-Herrschaften und dem Ensemble des ongaku-kyōgen:




Sonntag, 17. November 2019

Workshop Rikka und tatehana


2½ intensive Workshop-Tage im voll besetzten Seminarraum der ÖGG liegen hinter uns, an denen wir uns mit Rikka shōfūtai und tatehana beschäftigt haben.
Der Freitag war einer ausführlichen Theorie-Einheit gewidmet, auf welche die Vorführung des Rikka folgte. Der Aufbau wurde Schritt für Schritt ganz genau erklärt, gespickt mit vielen Hinweisen, worauf denn dann beim eigenen Arrangement besonders zu achten sei. 
Das war recht wichtig, denn wir beschäftigten uns mit einer modernen Version des Rikka, wobei bei der Gestaltung auch auf die Form der jeweiligen Vase Rücksicht genommen werden sollte. 
Vorgeführt wurde eine eher querformatige Variante in einem breiten Gefäß. Im Fall einer kleineren oder schmäleren Vase, sollte dann aber mehr aufrecht und nicht so ausladend arrangiert werden. 

Von der Farbgestaltung her war das Rikka eher zurückhaltend, es dominierten verschiedene Grüntöne, dazu kamen Blau, Weiß und ein wenig Rosa in unterschiedlichen Schattierungen. 
Wir arbeiteten die Variation gedan-ozukai aus dem naraimono nana-kajō, indem wir gleiches Material für maeoki und hikae verwendeten. Zusätzlich wurde uke betont und wegen der farblichen Ähnlichkeit zwischen und maeoki ein irogiri gesetzt. 
Mit dieser Aufgabenstellung waren die Damen und der teilnehmende Herr dann den gesamten Samstag über schwer beschäftigt. Lediglich für die Mitgliederversammlung unserer Study Group wurde die Arbeit unterbrochen. 

Da wir den ganzen Tag für das Arrangieren zur Verfügung hatten, konnte viel detaillierter auf die einzelnen Arrangements eingegangen werden und die Korrekturen fielen dann auch tiefergehend aus, als wenn nur weniger Zeit gewesen wäre. Niemand musste sich abhetzen und alle konnten in Ruhe zu Ende arrangieren. 

Eine unserer Damen war besonders fleißig und begann bereits am Freitag mit einem sugu-shin-Rikka, das dann auch als Prüfungsarbeit akzeptiert wurde. Und sie hat am Samstag auch noch das vorgeführte Rikka nachgearbeitet – sehr lobenswert! 

Am Sonntag konnte dann wieder mehr "gespielt" werden. Zu Beginn wurden zwei tatehana vorgeführt – eines mit eher "wildem" Material und das andere mit vorwiegend Pflanzen vom Großmarkt. So konnten die Unterschiede im Ausdruck gleich deutlich gezeigt werden. 
Die TeilnehmerInnen wählten dann aus den mitgebrachten und bereitgestellten Materialien (glücklicherweise blühten noch Phacelien, Senf und Kamille auf einem Feld ganz in der Nähe der ÖGG) ihre Favoriten und arbeiteten mehrere Varianten von tatehana
Es gab allerdings eine "Strafverschärfung". Man sollte nicht im kenzan, sondern klassisch im komiwara arrangieren. Anfangs wurde noch ein bisserl gestöhnt, aber schließlich haben sich dann doch alle mit dieser Befestigungsart angefreundet. 
Und getreu nach dem, was uns beim Meisterseminar in Naurod vermittelt wurde, hielt sich der Einsatz von Draht in sehr engen Grenzen. Viele der Arrangements kamen ganz ohne aus und wurden lediglich mit den Methoden, die sonst dem Shōka vorbehalten sind, gestaltet. 

Auch am Sonntag wurde eine Zwischenprüfung abgelegt – ein klassisches Chrysanthemen-Shōka für den 5er-Bogen wurde erfolgreich arrangiert. Beim Material mussten halt Abstriche akzeptiert werden. Mitte November gibt es keine vernünftigen einzelblütigen Chrysanthemen mehr. Die Blüten sind entweder zu groß oder die Stiele zu kurz (oder man hat eine Kombination aus beidem) und über die Qualität der Blätter ist hier sowieso schon viel geschrieben worden. Trotz allem war das Ergebnis für diese Diplomstufe akzeptabel und der Prüfling hat das Beste aus dem Material herausgeholt. 

Außerdem entstand auf besonderen Wunsch noch ein Shōka shinpūtai kabu-wake mit Callicarpa, Nerine und Nestfarn. Im kommenden Herbst wird es einen Jahreszeitenbrief zu Ikebana mit fruchttragenden Materialien geben. Da musste natürlich gleich die Gelegenheit ergriffen werden, wenn schon Callicarpa vorhanden war.

Und das war es dann auch schon wieder für dieses Jahr – der nächste Workshop findet Ende Jänner/Anfang Februar statt und beschäftigt sich wie jedes Jahr im Frühling mit Blütenzweigen. Diesmal ist der Termin früher als sonst angesetzt, da Mitte Februar im Headquarter in Kyoto ein internationales Seminar stattfinden wird. 
Heuer stehen aber noch zwei Übungsabende an, bevor wir uns eine kurze Erholungspause gönnen werden. 

Hier nun fast alle der entstandenen Rikka, ein tatehana von jedem und die Prüfungsarrangements.