Mittwoch, 23. November 2011

Ein Übungsabend im Zeichen des Nageire

Nageire bedeutet übersetzt soviel wie "hineingeworfene Blume", womit auch gleich der Gesamteindruck, den das fertige Werk vermitteln soll, erklärt ist: Das Arrangement sollte unangestrengt und natürlich wirken, die Linien wie zufällig in der Vase angeordnet. Um diese Natürlichkeit zu vermitteln, ist doch ein wenig Übung nötig. Vor Allem die Befestigung der Linien in der Vase ist etwas trickreich. Zweige und Blumen werden mittels Holzstücken, so genannten hana-kubari, im Gefäß verkeilt. Diese Technik stammt aus einer Zeit, da es noch keinen Blumenigel gab. 
Im Zuge der Neuklassifizierung des Freestyle durch das Headquarter sind die Stilrichtungen Moribana (Schalenarrangement) und Nageire irgendwie "unter den Tisch gefallen". Eigentlich gehören sie dazu, werden aber - zumindest in Japan - in der Form nicht mehr unterrichtet (Zitat eines japan. Professors). Da diese beiden Stilrichtungen aber immer wieder hübsch anzusehen sind, werden sie bei uns im Unterricht immer noch gearbeitet. Wie man anhand der Bilder sehen kann, gibt es auch im Nageire unzählige Varianten, die sehr dekorativ sein können.


Sonntag, 20. November 2011

Freestyle-Workshop

An diesem Wochenendworkshop beschäftigten wir uns intensiv mit Freestyle-Ikebana. Diese Stilrichtung existiert als Jiyûka schon eine ganze Weile im Repertoire des Ikenobô-Ikebana. Kürzlich wurden aber die Regeln überarbeitet und die theoretischen Grundlagen im Rahmen eines eigenen Lehrplans zusammengefasst. Dazu wurden Pflanzen und Möglichkeiten, wie sie arrangiert werden können, klassifiziert. Diese Neuordnung war nötig, um die Ausbildung zu vereinheitlichen und der Konkurrenz durch andere Ikebana-Schulen begegnen zu können.
Am Freitag gab es eine kurze Einführung in die "neue" Theorie, danach machten wir uns frisch-fröhlich ans Werk und versuchten, das Gehörte in die Praxis umzusetzen. Das war anfangs gar nicht so einfach, denn wir versuchten, die Theorie buchstabengetreu umzusetzen. Das ist im Ikebana aber immer mit Schwierigkeiten verbunden. Schließlich ist jede Pflanze genauso einzigartig, wie die Person, welche mit ihnen arbeitet. Erst als wir das Regelwerk nur als Rahmen ansahen und unserer Intuition folgten, entstanden lebendige Ikebana-Kunstwerke.
Dank unserer Keramikerin, Gabriela Holub, konnten wir auf Nachbauten der grenzgenialen Übungsgefäße zurückgreifen, die sonst nur den TeilnehmerInnen des Lehrganges im Headquarter in Kyoto zur Verfügung stehen. Mit diesem Gefäß können - je nachdem, wie es aufgestellt wird - die unterschiedlichsten Vasentypen simuliert werden. Das ist besonders für jene von Vorteil, welche keinen großen Fundus an Vasen ihr Eigen nennen.
Wir hatten großen Spaß, die vielen unterschiedlichen Pflanzen nach den "neuen" Regeln zu arrangieren. Das zeigte sich auch daran, dass im Rahmen des Workshops fast 50 Werke entstanden sind. Jedes davon ein Unikat und trotz gewissen Ähnlichkeiten in der Form oder beim Material mit einzigartiger Aussage. Hier eine kleine Auswahl unserer Arrangements:

 
 
 

Mittwoch, 9. November 2011

Ein schwieriger Übungsabend

Der gestrige Übungsabend stellte uns vor eine Herausforderung. Schon die Materialsuche gestaltete sich ziemlich schwierig. Ein Shôka shofûtai so-Form sollte es werden. Dabei kann es sich entweder um ein Arrangement in einem Sondergefäß handeln, oder - womit wir uns auseinandersetzen durften - um ein modernes Shôka in einer Schale. Nun gut, in Schalen haben wir schon des Öfteren Shôka gemacht und mit dem kenzan arbeitet es sich auch leichter als klassisch im kubari. Aber welches kazai soll man bloß nehmen? Diese Art von so-Form soll den Eindruck von hohem Alter vermitteln, also fallen Blumen als Hauptmaterial schon weg. 
Es sollen "alte" Zweige werden, möglichst dick und knorrig, vielleicht schon mit Moos oder Flechten bewachsen, und das Ganze ansatzweise in der richtigen Form, damit man nicht so viel biegen muss. Tja, den Sonntag habe ich mit stundenlangem Suchen in Windschutzgürteln und Augebieten verbracht - wenigstens war ich an der frischen Luft. Die Auswahl der Blumen und des Gefäßes war dann richtiggehend einfach.
Der Kampf mit den Zweigen begann erst so richtig, als die shin-Linie im kenzan steckte. Die anderen Äste sollten sich der Form anpassen, richtig mitlaufen und in die korrekten Richtungen zeigen. Und die dicken Prügel sollen dann auch noch im (wie immer viel zu kleinen) Blumenigel stecken bleiben und nicht dauernd umfallen oder zur Seite kippen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt bereut man, nicht klassisch im kubari gearbeitet zu haben. Komischerweise passen in den traditionellen Blumenhalter immer viel mehr Linien hinein, als auf einem kenzan Platz haben.
Sobald man die Phase überwunden hat, in der man den ganzen Krempel nur mehr aus dem Fenster werfen möchte, geht die Sache dann etwas einfacher von der Hand. Und das fertiggestellte und korrigierte Arrangement erweckt ein warmes Gefühl von Stolz und Befriedigung.
Etwas einfacher hatten es die Damen, die noch nicht so weit fortgeschritten waren, oder einfach nicht die Möglichkeit hatten, passendes Material zu beschaffen. Diese beschäftigten sich mit Moribana bzw. Shôka shinpûtai.