Montag, 30. September 2019

Seminar in Naurod - tate-hana

Der zweite Seminartag brachte uns in Kontakt mit einer sehr alten Ikebana-Form, die derzeit ein Revival erlebt – tate-hana
Professor Noda erklärte uns in der Theorie-Einheit ein wenig über die geschichtliche Entwicklung des Ikebana. Ausgehend von einerseits religiösen Anfängen und andererseits von den weitverbreiteten "Blumen des täglichen Lebens" entwickelten sich im Lauf der Jahrhunderte die drei Stilrichtungen des Ikenobō-Ikebana: Rikka, Shōka und Jiyūka. 
Dabei galt der Begriff tate-hana lange Zeit für alle Blumenarrangements. Erst später folgte eine Aufspaltung in die diversen Stile. 

Anhand sehr anschaulicher Zeichnungen erklärte uns Noda-sensei die Entwicklung vom shintoistischen yorishiro über das eigentliche tate-hana hin zum heutigen Rikka shōfūtai. 
Danach führte er ein entzückendes jahreszeitliches tate-hana vor und beantwortete anschließend geduldig unsere zahlreichen Fragen. Dabei ging es auch darum, ob tate-hana nun echt traditionell sei, oder nicht vielleicht doch zum Rikka shinpūtai zu zählen ist. Schließlich gibt es unter den neun Formen des Rikka shinpūtai das bimyo-tai, eine Art Miniaturform des Rikka shinpūtai. 
Das Fehlen von genauen Regeln und einer vorgegebenen Form (abgesehen von der grundsätzlich aufrechten, nach oben strebenden Ausrichtung und der Notwendigkeit einer Art maeoki) lässt eine Verwandtschaft mit Rikka shinpūtai immerhin erahnen. Auch die Prinzipien des Geistes der Harmonie, die zur Anwendung kommen, sprechen dafür. Aber solange es keine definitive Aussage von Headmaster Sen'ei gibt, werden wir weiter darüber grübeln.

Jedenfalls wurden wir nach dem Mittagessen in die Botanik geschickt, um passendes Material zu schneiden. Wir hatten zwar einen Kübel voll mit wunderbaren Blumen und Zweigen, aber da man im tate-hana keinen Draht verwenden darf (oder nur wenn es gar nicht anders geht) und wir etwas benötigten, das wie ein maeoki zu verwenden ist, blieb uns nur der Geländelauf. 
Außerdem, wenn man wie Noda-sensei ein eher "wild" wirkendes Arrangement in Gedanken vor sich sieht, hat man sowieso keine andere Wahl, als passende Pflanzen in der Natur zusammenzusuchen.

Wenigstens haben wir gleich ein paar Kalorien vom Mittagessen verbrannt. Erfreulicherweise hat das Wetter nach den Regenfällen des Vortages aufgeklart und wir konnten beinahe trockenen Fußes auf Materialjagd gehen.

Es war wirklich interessant zu sehen, wie gut 40 völlig unterschiedliche Arrangements entstanden und wie kompetent und ausführlich die Korrekturen von Professor Noda ausfielen. Jedenfalls haben wir wieder eine Menge gelernt und dem Tenor der ganzen Gruppe nach zu urteilen, hat es allen wirklich gut gefallen. Tate-hana ist schließlich ein Arrangement, das auch in kleine Wohnungen passt.

Die nächsten Tage werden ebenfalls sehr interessant werden - und für Professor Noda auch überaus anstrengend: Ab morgen wird die Gruppe geteilt und es gibt sowohl Unterricht über Shōka shōfūtai (2 Arrangements pro Tag) und Rikka shōfūtai (2 Rikka in 3 Tagen). 

 tate-hana von Prof. Noda - inklusive Detailansicht von der Seite

 die Arbeiten von Uschi (Celadon-Vase), Gabriela (Korb) und von mir

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