Samstag, 31. August 2019

Shinpūtai-Workshop

Brütende Hitze über Wien und anstatt dass wir im Freibad, auf den Bergen oder anderweitig das Sommerende genießen, versammelten wir uns im Seminarraum der ÖGG und beschäftigten uns mit Rikka und Shōka shinpūtai. Obwohl die Klimaanlage auf Hochtouren lief, war es doch ziemlich heiß und die Luft war nicht nur von Blumenduft erfüllt. 
Wider Erwarten hat das kazai diese Bedingungen perfekt überstanden, vermutlich hat die erhöhte Luftfeuchtigkeit verursacht durch die Ströme an Schweiß für ein gutes florales Mikroklima gesorgt. 

Wir haben diesen Workshop genutzt, um den Nachwuchs erstmals an Shōka shinpūtai und die Fortgeschritteneren an Rikka shinpūtai heranzuführen. Die Profis durften "spielen" und diverse Ideen ausprobieren. Für den Nachwuchs stand am Samstag zusätzlich Jiyūka auf dem Programm, schließlich sollen sie auf die ersten Prüfungen vorbereitet werden. 

Der Großmarktbesuch am frühen Freitagmorgen artete zur Materialschlacht aus, wir mussten zwei Ladungen vom Transportwagen ins Auto verfrachten, das dann bis zum Dach vollgefüllt war. 
Das große Überraschungspaket bestand aus "Standardpflanzen" wie Anthurien, Gerbera, diversen Gräsern und Blättern, Eustoma, Rittersporn, Bartnelken, Chrysanthemen usw. 
Dazu kamen aber noch ausgefallenere Pflanzen wie Rizinus, Hirschzungenfarn, Celosien, Hängeamaranth, Gomphrena, Nigellakapseln, Freilandlilien, Dill, Miniastern, Craspedien und Nadelkissenprotea. Zusätzlich brachten die erfahrenen Ikebanesen Diverses aus Garten und Park mit – solches kazai, das am Großmarkt nicht zu kriegen ist. Alles in Allem eine bunte Mischung mit spätsommerlichen Touch, die nur darauf wartete, zu diversen Arrangements verarbeitet zu werden. 

Wir begannen den Kurs mit einer ausführlichen theoretischen Einführung und der Demo eines Rikka shinpūtai. Danach beschäftigten sich die Damen und Herren erst mal mit Shōka shinpūtai, denn schließlich sollte so manches Material später im Rikka shinpūtai wiederverwendet werden. 
Am Samstag stand zuerst die Vorführung der Jiyūka auf der Agenda, während die Fortgeschrittenen und Profis bereits fleißig an ihren Rikka-Entwürfen feilten. Bis zur Mittagspause ist schon eine stattliche Anzahl fertiger Werke zur Korrektur präsentiert worden. 

Nachdem wir uns gestärkt haben, wurde eine kleine aber sehr feierliche Diplomverleihungszeremonie abgehalten – neben den Gratulationen für die stolze frisch gebackene 7er-Diplomandin gab es auch flüssige Stärkung, wodurch das Arbeiten danach noch beschwingter von der Hand ging. Wir dürfen uns übrigens schon auf den nächsten Übungsabend freuen, da erhält eine weitere Ikebanesin ihr wohlverdientes Diplom. 

Auch der Nachmittag verlief in sehr angenehmer Atmosphäre und die Zeit bis zum unvermeidlichen Aufräumen wurde gut genutzt. Die Galerie der fertigen Werke war sehr ansehnlich und die Damen und Herren durften mit ihren Arrangements überaus zufrieden sein. Es hat sich der Workshop auch für die beiden weit gereisten Damen – sie kamen aus Graz und Innsbruck zu uns – gelohnt und es gab bereits Anmeldungen für unser nächstes Ikebana-Wochenende, das im November stattfindet und sich mit Rikka shōfūtai und tatehana beschäftigen wird. 

Hier nun eine kleine Auswahl der entstandenen Arbeiten, ein Werk von jedem der Teilnehmer:

Mittwoch, 14. August 2019

Sonnenblumen

Das Thema unseres August-Übungsabends lautete Jiyūka Basic 3 mit Sonnenblumen. Diesmal wollten wir nicht perspektivisch mit schräg gestelltem Gefäß oder in mehreren Vasen arbeiten, sondern es sollten die Linien hintereinander angeordnet werden und von vorne einen schmalen Fuß zeigen. 
Dazu geeignet sind naturgemäß schmale Schalen und blockförmige oder schiffartige Gefäße. Weite Schalen mit viel sichtbarer Wasserfläche hingegen sind eher ungünstig, da sich das Arrangement in ihnen richtiggehend "verliert". Für diese Gefäßform eignen sich andere Anordnungen wesentlich besser. 

Material stellt man dann in Form 3 auf, wenn man zwar einen spannungsgeladenen Eindruck erzielen will (wie bei Basic 1, dem engen Fuß), das Material sich aber irgendwie in die Quere kommt und gegenseitig behindert. Von vorne gesehen wirkt das fertige Werk zwar eng zusammengesteckt, durch das Ausweichen in die Tiefe hat aber jedes Element genügend Raum und nichts klebt zusammen oder behindert einander. 

An Material hatten wir kleine Sonnenblumen, Korbmaranten (Calathea crocata), Bartnelkenkugeln, rote Alstromerien als Farbakzent und kleines Hypericum zur Verfügung. 
Die Blätter der Marante konnten entweder die dunkelgrüne Oberseite oder die wunderbare dunkelrote Unterseite zeigen und harmonierten perfekt mit dem leuchtenden Gelb der Sonnenblumen. Die Bällchen der Bartnelken wirkten als Füllmaterial und Hypericum und/oder die Blütenstände der Calathea unterstützten die Linien der Sonnenblumen. 
Im Endeffekt entstand ein leicht wirkendes Spätsommerarrangement, das durch die dunklen Flächen der Blätter die nötige Bodenhaftung erhielt. Der Farbakzent durch die Alstromerien wird erst dann richtig zur Geltung kommen, wenn die Blüten voll erblühen. 

Neben dem Arrangieren – trotz Urlaubszeit war der Seminarraum voll besetzt – widmeten wir uns auch schon der Vorbesprechung zum Workshop, der am Monatsende auf uns wartet. Diesmal geht es um Shōka und Rikka shinpūtai, was wieder sehr vielfältige und kreative Arrangements erwarten lässt. Mal schaun, wie sich der Nachwuchs dabei anstellt. Aber es gibt ja immer noch Jiyūka als Alternative, falls das Shinpūtai zu schwierig werden sollte.

 Ebenfalls Basic 3, aber im schräg gestellten Gefäß - mit komplett anderer Wirkung: