Dienstag, 27. Oktober 2020

Chrysanthemenfest

Die neuerliche Verschärfung der Corona-Maßnahmen hat leider auch negative Auswirkungen auf unsere Übungsabende. Derzeit ist die Teilnehmerzahl auf 6 Personen beschränkt. 
Was also tun, wenn sich gut doppelt so viele Ikebanesen anmelden? Man lost die Plätze einfach aus, indem nach der Anmeldereihenfolge Nummern vergeben werden und aus diesen die 5 Glücklichen gezogen werden. Falls sich die Situation im November weiterhin so angespannt zeigt, werden die heutigen Gewinner beim kommenden Übungsabend nicht berücksichtigt. 
Aber es gibt vorsichtig-positive Signale, dass im November mit fix zugewiesenen Plätzen und weiteren Maßnahmen vielleicht doch wieder eine größere Gruppe erlaubt ist. 

Das Chrysanthemenfest wurde also nur in kleiner Runde begangen. Es wurde – so wie jedes Jahr – ein Shōka shōfūtai isshu-ike mit 5 oder 7 einzelblütigen Chrysanthemen gearbeitet. Für eine Dame aus unserem Nachwuchs gab es ein Freestyle im Moribana-Stil zum Nacharbeiten, mit einzel- und mehrblütigen Sorten in Cognac und Creme. 

Die Chrysanthemen für das Shōka hatten recht schönes Laub und elegante Stiele, die trotzdem sehr standfest (und bis zu einem gewissen Grad biegbar) waren. Auch die Farbe – zartrosa mit grünlichen Akzenten – wirkte sehr apart. Einziger Wermutstropfen war der Preis (über irgendetwas muss man schließlich meckern). Seit vergangenem Jahr ist die Auswahl stark geschrumpft, dafür der Preis ziemlich heftig gestiegen. Ich will gar nicht wissen, wie viel die Chrysanthemen derzeit im Einzelhandel kosten. 

Aufgrund der geringen Gruppengröße gestaltete sich der Abend doch recht intensiv, mit einer etwas weiter ausholenden Theorie-Einheit bezüglich Harmonie von Gefäß und Arrangement und Auswahlkriterien für Vasen. 
Zusätzlich wurden vorab zwei weitere Freestyle-Arrangements mit Garten-Chrysanthemen und anderen herbstlichen Materialien gestaltet, um denjenigen, die über den Blog auf dem Laufenden bleiben, kreative Anregungen zu geben. 
In den kommenden Tagen werden hoffentlich noch Fotos von diversen Hausübungen zum Thema Chrysanthemenfest eintrudeln, die dann ebenfalls veröffentlicht werden. 

Unser November-Workshop wird aufgrund der Einschränkungen diesmal in abgespeckter Form stattfinden. Samstag und Sonntag haben jeweils zwei Gruppen mit max. 5 Personen die Gelegenheit, Rikka shinpūtai und tatehana, bzw. festlich-winterliche Freestyle-Arrangements zu arbeiten. Das ist zwar nicht ganz das, was wir uns eigentlich vorgenommen hatten, aber immerhin besser als gar nichts.

7 Blüten
5 Blüten
Freestyle im Moribana-Stil
Freestyle mit Garten-Chrysanthemen - natürlich und modern

Freitag, 16. Oktober 2020

Monatstreffen Ikebana International

Das Oktober-Treffen von Ikebana International Chapter #223 Wien hatte diesmal nur am Rande mit Ikebana zu tun. Aufgrund der Situation entschied sich unsere Präsidentin, unsere Aktivitäten ins Freie zu verlegen und geschlossene Räume zu meiden. Organisiert wurden zwei Führungen im Botanischen Garten der Universität Wien beim Belvedere.

Mit dem Wetter hatten wir Glück, es war der einzig regenfreie Tag der Woche und auch der Wind verhielt sich manierlich. Also gerade richtig für einen Spaziergang im etwa 6 Hektar großen Gelände, das sich bereits auf den nahenden Winter vorbereitet. Die erste Gruppe traf sich um 15:00 beim Haupteingang und widmete sich einer Führung zum Thema "Richtiges Schneiden von Pflanzen". Nicht unwichtig für Ikebanesen, wenn man bedenkt, dass wir unser Material oft  auch von Bäumen und Sträuchern beziehen. Schließlich wollen wir die "Spender" nicht umbringen, sondern möglichst immer wieder nutzen.

Die zweite Führung ab 16:00 widmete sich einem Gartenrundgang mit Schwerpunkt "japanische Pflanzen". Die junge Dame geleitete uns kompetent durch das Gelände und lieferte uns Detailwissen zu ausgewählten Pflanzenarten. Neben Farnen und Moosen - die sind schließlich fixer Bestandteil im japanischen Garten - waren es einige ausgewählte Gehölze, der Lotos-Teich und der Bambushain, auf die der Fokus der Führung lag.

Zuerst besuchten wir einen Baum, dessen Blätter in der Gegend um Nara für die Konservierung von Frischfisch während des Transports vom Meer in die Stadt genutzt wurden. Das war zu Zeiten, als es noch keine Kühlketten und dergleichen gab, aber die Blätter haben scheints einen interessanten, leicht süßlichen Geschmack an den Fisch abgegeben, weshalb die Blätter auch heute noch verwendet werden. Übrigens trägt der Baum sehr viele kleine Früchte, die wie Mini-Kaki (mit 1 cm Durchmesser) aussehen. Verständlich, es handelt sich schließlich um einen Vertreter dieser Pflanzenart. Genießbar sind die Früchte, sie sind auch recht süß, allerdings enthalten sie extrem viele Gerbstoffe, weshalb auf der Zunge sehr lange ein ziemlich pelziges Gefühl zurückbleibt.

Auf dem Weg zu Lotos-Teich - die Blätter natürlich schon alle braun und unansehnlich, aber einige Samenkapseln waren noch vorhanden - machten wir Station beim Blauglockenbaum (kiri), dessen Holz sehr feuerresistent ist und deshalb gerne für Möbel (besonders für Kimono-Schränke) verwendet wurde. Die Paulownia findet sich auch in einigen japanischen mon wieder, darunter im Wappen der Tokugawa-Familie. Neben dem Lotos-Teich stand auch ein wunderbarer Fächerahorn mit sehr kleinen Blättern, der bereits mit beginnender Herbstfärbung punktete.

Weiter ging es zum Bambushain, der Erinnerungen an den Bambuswald bei Arashiyama wachrief. Natürlich waren die Stangen nicht so dick wie in Japan, aber der Hain ist trotzdem eindrucksvoll.

Auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt unserer kleinen Tour kamen wir noch an zwei wunderbaren Gingko-Bäumen vorbei. An und für sich zwei männliche Exemplare, aber bei einem Baum wurde bereits zur Gründung des Botanischen Gartens ein Experiment durchgeführt, indem ein weiblicher Ast aufgepfropft wurde. Und dieser Ast trägt wirklich Samen! Immerhin waren die noch nicht reif, denn der Geruch nach Buttersäure, den die reifen Früchte verströmen, ist mehr als unangenehm.

Viel zu schnell ging diese interessante Führung zu Ende und wir machten uns wieder auf den Heimweg. Aber vielleicht treffen wir uns bald wieder im Botanischen Garten, denn dort gibt es auch einen sehr schönen Seminarraum, den wir eventuell für ein nächstes Treffen nutzen können.

Mittwoch, 14. Oktober 2020

Masse und Fläche - Freestyle einmal anders

Beim gestrigen Übungsabend haben wir uns (schon wieder) mit Freestyle beschäftigt, diesmal zum Thema "Fläche und/oder Masse".

Besonders massebetonte Arrangements sind eher schwierig zu gestalten, da leicht ein überladener Eindruck entstehen kann. Und auch beim Einsatz von Flächen ist besondere Sorgfalt geboten, um die nötigen Räume zu schaffen. Die Kombination beider Aspekte kann sehr leicht in mittleren Katastrophen ausarten: Die Materialien behindern sich gegenseitig, das Arrangement wird schwer und behäbig, es fehlt an Raum und Richtung, usw. 

Kein Wunder, dass die Mehrzahl der Freestyle-Arbeiten linienbetont gestaltet wird und Flächen/Massen eher sparsam eingesetzt werden. Aber wenn auf der Agenda Fläche/Masse steht, dann wird versucht, das Beste daraus zu machen. 

Ein Großteil der Damen und Herren hat sich vorab für das Überraschungspaket vom Großmarkt entschieden. Vermutlich haben die meisten gedacht, dass sich darin Schleierkraut oder zumindest Limonium befinden wird, beides sehr beliebte Masse-Pflanzen. Aber weit gefehlt, das Paket enthielt für Masse Säulenasparagus, dunkelroten Amarant und Erdginseng (Talinum paniculatum) und als flächenbetonte Materialien kleine, leuchtend gelbe Gerbera und rosa Minianthurien.

Eine interessante Mischung, die in vielfältiger Weise verarbeitet wurde – zum Teil aufgepeppt mit weiteren Materialien. Auch die Damen, die selbst Pflanzen gewählt und mitgebracht haben, gestalteten höchst spannende, designhafte Arrangements. 

Nach so viel Kreativität ist beim kommenden Übungsabend dann wieder mehr Disziplin gefragt, dann bei einem Shōka mit Chrysanthemen gibt es nur beschränkte Freiheit innerhalb der Form.

Dass übrigens die Fotos jetzt besser aussehen, verdanken wir einer unserer Damen, die uns einen Hintergrund aus beschichtetem Karton zur Verfügung gestellt hat. Damit vermeiden wir den harten Übergang zwischen Tisch und Wand und erhalten einen homogenen Hintergrund. Vielen Dank dafür!