Mittwoch, 23. August 2023

Gräser und Spätsommerblumen

Der Sommer neigt sich langsam dem Ende zu – gestern fand der letzte der außertourlichen Sommer-Übungsabende statt. Noch macht sich die Urlaubszeit bei der Zahl der Teilnehmer*innen bemerkbar, aber ein kleiner Kreis hat den Vorteil, dass die Korrekturen intensiver sind. Im September startet dann wieder der reguläre Unterricht mit zwei Treffen pro Monat und vollem Haus. 

Die brütende Hitze hat nicht nur uns zu schaffen gemacht, auch einige der Öffis zeigten Ausfallserscheinungen, was die Fahrt zur ÖGG teils deutlich verlängert hat. Das wiederum hat auch den Blumen zugesetzt, die trotz sorgfältiger Verpackung und Transport im Wasser teilweise recht traurig die Köpfe hängen ließen. Aber die Klimaanlage im Seminarraum (und Doping für Pflanzen) hat in uns allen schnell wieder die Lebensgeister geweckt. 

Auf dem Programm standen Freestyle oder Shōka maze-ike mit Gräsern und Spätsommerblumen. Durch die trockene und heiße Witterung der letzten Wochen haben Freilandgräser und Wildblumen etwas gelitten. Die Pflanzen sind nicht so hoch wie sonst gewachsen und Gräser zeigen bereits verdorrte Blattspitzen, während die Blütenrispen wie im Fall von Miscanthus noch gar nicht ausgebildet sind. 
Auch das Angebot am Großmarkt war hinsichtlich Sommerblumen etwas mager, aber immerhin gab es ein recht interessantes Gras. Es dürfte sich um eine einjährige Rispenhirse handeln, allerdings mit größeren Samenkörnern. Die Stiele sind gerade, stabil und lang genug, dass die Pflanze auch für Shōka verwendet werden kann. In unserer Galerie sieht man Arbeiten mit diesem Gras. 

Unsere Shōka zeigen die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten im sanshu-ike mit natürlichem Ausdruck. Wenn noch die besonderen Regeln des maze-ike dazukommen, erweitert sich die Palette zusätzlich. 
Wir haben extra darauf geachtet, dass die einzelnen Pflanzenarten im Fuß in Gruppen beisammenstehen, während sich die Spitzen schön mischen. So entsteht der Eindruck einer spätsommerlichen Wiesenlandschaft mit Gräsern, die sich im Wind wiegen. Auch bei den Freestyle-Arbeiten haben wir auf diesen speziellen jahreszeitlichen Ausdruck Wert gelegt. 
Hier nun die Bilder unserer Arbeiten. Diverse Hausübungen werden nach und nach ergänzt.

Donnerstag, 3. August 2023

Seminar in Naurod – Rikka shimpūtai

Der letzte Seminartag in Naurod ging leider wieder viel zu schnell vorbei. Auf dem Programm stand heute Rikka shimpūtai, wobei wir neben den ausgeteilten Blumen sämtliches noch vorhandene Restmaterial verwenden konnten. Dadurch entstanden überaus vielfältige Arbeiten.

Das Regenwetter verhinderte, dass wir ausgedehnte Raubzüge in der Botanik absolvieren konnten. So mussten die nahe am Haus wachsenden Pflanzen dran glauben. Prof. Noda plünderte bereits in aller Früh den kleinen Teich und sicherte sich die Rohrkolbenblätter, die er als yo zusammen mit einer knallroten Hahnenkammcelosie für shu verarbeitete. 
Die beiden Hauptelemente waren ja schnell angeordnet, aber dann begann die Grübelei, welche ashirai an welchen Positionen und in welchen Ausrichtungen denn in die Komposition passen könnten. Dabei erklärte er uns Schritt für Schritt, worauf man achten muss und warum er eine bestimmte Linie an genau diese oder jene Position setzen muss. 
Noda-Sensei legt sehr viel Wert darauf, dass sich Blatt- und Blütenmaterialien abwechseln, dass es ständige Unterschiede in Formen, Farben, Abständen und Richtungen gibt. Diese Genauigkeit im Arbeiten setzte sich dann auch während der Korrekturen fort. 

Zwischendurch wurde die Korrekturrunde für ein Gruppenfoto unterbrochen. Das musste leider im Innenbereich aufgenommen werden, da es den ganzen Tag über immer wieder regnete. Für unseren Grillabend sieht es im wahrsten Sinn des Wortes düster aus. Wir werden wohl im Speisesaal bleiben müssen, während die Grillgeräte bereits gegen Mittag unter den Schirmen im Innenhof aufgebaut wurden. 

Nach Ende der Korrektur begannen wir mit dem Aufräumen, damit die Verleihung der Zertifikate in halbwegs ordentlicher Umgebung stattfinden konnte. Die restlichen Arbeiten werden dann am Freitagmorgen erledigt, bevor wir uns schließlich auf den Heimweg machen werden. Aber die Chancen stehen gut, dass wir uns in zwei Jahren wieder in Naurod treffen werden.

Mittwoch, 2. August 2023

Seminar in Naurod – tatehana

Nach dem heftigen Shōka-Tag war heute wieder etwas Entspannung angesagt. Auf dem Programm standen Shōka sanshu-ike für die noch nicht so erfahrenen Teilnehmer*innen und tatehana für den Rest von uns. Aber der Unterricht begann mit einer Lektion von Prof. Noda, wie man denn einen korrekten matagi-kubari bastelt, wenn man keine originale Astgabel aus Japan zur Verfügung hat. Er hat sich mit unseren Exemplaren gestern doch ziemlich schwergetan.

Das Um und Auf eines korrekten kubari liegt darin, dass dieser von der Länge und Breite her vor allem dem jeweiligen Material entsprechen muss, man also für jedes Arrangement einen neuen Blumenhalter schnitzen soll. Es ist wichtig, dass die Breite der Gabel so gewählt wird, dass shin nicht ganz nach vorne durchrutscht, sondern im vorderen Bereich genügend Platz für die tai-Gruppe bleibt, während shin sich an seiner Position im Mittelteil des kubari verklemmt. 

Nach dieser Lektion folgte die Theorie von tatehana, die dann mit einem Beispielarrangement untermauert wurde. Anschließend waren dann noch Theorie und Vorführung von Shōka sanshu-ike (gearbeitet wurde mit Anthurien, Aspidistrablättern und Oxypetalum) an der Reihe. 

Wer mit dem verteilten Material nicht das Auslangen fand, bzw. gerne ein paar Zweige verwenden wollte, musste heute in voller Regenmontur ins Freie. Es hat den gesamten Tag über in Strömen geregnet und so mancher musste sich nach dem Ausflug erst einmal trockenlegen, bevor ans Arbeiten zu denken war. 
Die Korrektur verlief heute ein wenig flotter als gestern, denn da die tatehana-Leute überwiegend im komiwara arrangierten, waren Änderungen nicht so kompliziert wie beim Shōka unter Verwendung von kubari

Außerdem gibt es keine festgelegten Formen, sondern das tatehana beruht hauptsächlich auf den Harmoniebegriffen ucho-satan, zentan-gocho und kokon-enkin. Dadurch waren viele Freiheiten beim Arrangieren gestattet, was die Korrekturen beschleunigte. Denn wie schon beim Freestyle versuche Noda-Sensei, den Ausdruckswünschen der Arrangierenden gerecht zu werden und nur Harmonieverbesserungen vorzuschlagen. 

Hoffentlich klart das Wetter morgen ein wenig auf, denn für das abschließende Rikka shimpūtai sollten wir uns noch um zusätzliches Material umschauen, das rund um das Wilhelm Kempf-Haus üppig vorkommt. Zudem ist ja noch ein Grillabend geplant, der sollte tunlichst nicht buchstäblich ins Wasser fallen. 

Hier nun unsere tatehana-Arrangements:


Dienstag, 1. August 2023

Seminar Naurod – Shōka-Tag

Wie schon geahnt, war es heute ein sehr anstrengender Tag – sowohl für uns als auch ganz besonders für Prof. Noda. 
Nach der Theorie-Einheit über Shōka isshu-ike und nishu-ike demonstrierte Noda-Sensei zuerst ein isshu-ike mit Schneefelberich, wobei er nur fünf Stiele zur Verfügung hatte. Daraus entstand eine relativ strenge shin-Form, für die er eine tatehana-Vase verwendete. Da sie eine gerade, runde Öffnung hatte, konnte sie problemlos für Shōka shōfūtai eingesetzt werden. 

Das zweite Arrangement war dann ein Shōka nishu-ike mit Esche und drei Stielen rosa Enzian. Anhand dieser Arbeit erklärte Prof. Noda genau, wann und warum man ashirai verwenden soll und dass sie wirklich nur dann nötig sind, wenn die yakueda Schwachstellen aufweisen. 
Ein Shōka shōfūtai muss immer aus den yakueda shin, soe und tai bestehen, wie viele und welche ashirai man verwendet, hängt vom jeweiligen Material ab. 

Wer sich das Material für die Shōka-Sonderformen bereits am Vortag zusammengesucht hatte, konnte sich glücklich schätzen, denn der Tag bescherte uns häufig heftige Regenschauer. 
Abhängig von den Gefäßen erhielten die Teilnehmer*innen entweder den Schneefelberich oder den Enzian, die für nijū-ike angemeldeten Personen durften sich über jeweils drei Stiele beider Pflanzen freuen. 

Neben nijū-ike wurden auch hängendes und stehendes Boot geübt, dazu noch Kranich, Mond und mūkō-gake. Die Korrekturen von Prof. Noda waren wieder überaus ausführlich. Da ein Großteil der Sonderformen im kubari gearbeitet wurden, gestaltete sich die Korrekturen manchmal ein wenig mühsam. Aber durch seine langjährige Erfahrung kam Noda-Sensei auch mit nicht ganz so geeigneten hana-dome zurecht und schlussendlich konnten sich alle Teilnehmer*innen über gelungene Arrangements freuen. 
Wir für unseren Teil waren mit unseren Arbeiten sehr zufrieden. Hier nun die entsprechenden Fotos.