Beim Jänner-Treffen von
Ikebana International Chapter #223 ging es um Linien und freien Raum. Im Sōgetsu-Curriculum
gibt es das Thema "gebogene Linien" und im Lehrplan der Ichiyō-Schule
kommen ebenfalls "fließende und kreuzende Linien" vor.
Auch Ikenobō streicht
die Schönheit und Spannung von Linien hervor, allerdings auf eine etwas andere
Art. Im Shōka betsuden gibt es viele Regeln, wie nagashi arrangiert werden können. Und auch das
traditionelle Rikka kennt mehrere Möglichkeiten, wie besonders geformte
Elemente speziell in Szene gesetzt werden. Man denke hier beispielsweise
an die Verwendung von kaskadierendem kazai
wie Trauerweide oder an Sonderformen wie tani-watari-shin oder tani-no-koshi-shin.
Ein besonders großes Betätigungsfeld liefert das Jiyūka, denn hier gelten
Linien neben Punkt, Fläche und Masse als Klassifizierungsmerkmal für die
Auswahl von Pflanzenmaterialien.
Unsere Präsidentin wollte uns diesmal eine
etwas andere Herangehensweise an das Thema nahe bringen und hielt ein
Kurzreferat über jo – ha – kyū. Dabei
handelt es sich um ein Konzept aus dem Noh-Theater, das auch auf Ikebana
angewandt werden kann.
Jo bedeutet so
viel wie "Vorbereitung", darauf folgt ha, die "langsame Entfaltung", welche in kyū, der "raschen Durchführung"
ihren Abschluss findet.
Da man jo ebenso
mit Beginn, Anfang oder Einleitung übersetzen kann, passt dieses Konzept in
gewisser Weise auch zum ersten Treffen des Chapters im neuen Jahr.
Auf Ikebana
umgelegt könnte man die Phasen folgendermaßen betrachten: Jo bedeutet auch "Aufmerksamkeit auf sich ziehen", das
Thema der Übung wird erklärt und die Konzentration fokussiert. Nach dieser
Vorbereitung befasst man sich in der ha-Phase
genauer mit dem Thema, das Material wird ausgesucht, man überlegt sich, wie das
Arrangement aussehen könnte und sucht nach Umsetzungsmöglichkeiten. Im
abschließenden kyū-Teil erreicht die
Spannung einen Höhepunkt und das eigentliche Arrangement wird zügig angefertigt.
Neben jo – ha – kyū ist auch der Begriff
ma von Bedeutung. Damit wird eine in
zwei Teilaspekte unterteilte Einheit beschrieben: Die Leere und das
Gegenständliche, die gemeinsam einen Raum bilden. Im Ikebana sind das der
"freie Raum" und der "gefüllte Raum", die gemeinsam die
"Welt" des Arrangements bilden.
Das Konzept des "freien
Raums" ist ein essentieller Bestandteil des Ikenobō-Ikebana und es ist
sehr interessant zu erfahren, dass sich dieses Prinzip auch auf andere Bereiche
der japanischen Kultur erstreckt.
Die praktische Umsetzung des Themas brachte
uns viele unterschiedliche Arrangements, die ausführlich besprochen wurden,
bevor wir uns dem gemütlichen Teil des Abends widmeten.
Mein Arrangement: Jiyūka Basic 1 mit Schwerpunkt Linie
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