Freitag, 18. Januar 2019

Monatstreffen Ikebana International

Beim Jänner-Treffen von Ikebana International Chapter #223 ging es um Linien und freien Raum. Im Sōgetsu-Curriculum gibt es das Thema "gebogene Linien" und im Lehrplan der Ichiyō-Schule kommen ebenfalls "fließende und kreuzende Linien" vor. 
Auch Ikenobō streicht die Schönheit und Spannung von Linien hervor, allerdings auf eine etwas andere Art. Im Shōka betsuden gibt es viele Regeln, wie nagashi arrangiert werden können. Und auch das traditionelle Rikka kennt mehrere Möglichkeiten, wie besonders geformte Elemente speziell in Szene gesetzt werden. Man denke hier beispielsweise an die Verwendung von kaskadierendem kazai wie Trauerweide oder an Sonderformen wie tani-watari-shin oder tani-no-koshi-shin
Ein besonders großes Betätigungsfeld liefert das Jiyūka, denn hier gelten Linien neben Punkt, Fläche und Masse als Klassifizierungsmerkmal für die Auswahl von Pflanzenmaterialien. 

Unsere Präsidentin wollte uns diesmal eine etwas andere Herangehensweise an das Thema nahe bringen und hielt ein Kurzreferat über jo – ha – kyū. Dabei handelt es sich um ein Konzept aus dem Noh-Theater, das auch auf Ikebana angewandt werden kann. 
Jo bedeutet so viel wie "Vorbereitung", darauf folgt ha, die "langsame Entfaltung", welche in kyū, der "raschen Durchführung" ihren Abschluss findet. 
Da man jo ebenso mit Beginn, Anfang oder Einleitung übersetzen kann, passt dieses Konzept in gewisser Weise auch zum ersten Treffen des Chapters im neuen Jahr. 

Auf Ikebana umgelegt könnte man die Phasen folgendermaßen betrachten: Jo bedeutet auch "Aufmerksamkeit auf sich ziehen", das Thema der Übung wird erklärt und die Konzentration fokussiert. Nach dieser Vorbereitung befasst man sich in der ha-Phase genauer mit dem Thema, das Material wird ausgesucht, man überlegt sich, wie das Arrangement aussehen könnte und sucht nach Umsetzungsmöglichkeiten. Im abschließenden kyū-Teil erreicht die Spannung einen Höhepunkt und das eigentliche Arrangement wird zügig angefertigt. 

Neben jo – ha – kyū ist auch der Begriff ma von Bedeutung. Damit wird eine in zwei Teilaspekte unterteilte Einheit beschrieben: Die Leere und das Gegenständliche, die gemeinsam einen Raum bilden. Im Ikebana sind das der "freie Raum" und der "gefüllte Raum", die gemeinsam die "Welt" des Arrangements bilden. 
Das Konzept des "freien Raums" ist ein essentieller Bestandteil des Ikenobō-Ikebana und es ist sehr interessant zu erfahren, dass sich dieses Prinzip auch auf andere Bereiche der japanischen Kultur erstreckt. 

Die praktische Umsetzung des Themas brachte uns viele unterschiedliche Arrangements, die ausführlich besprochen wurden, bevor wir uns dem gemütlichen Teil des Abends widmeten.

 
Mein Arrangement: Jiyūka Basic 1 mit Schwerpunkt Linie

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