Der gestrige Empfang war sehr unterhaltsam und irgendwie typisch japanisch. Viele Verbeugungen und Geklatsche, dann wurden die einzelnen Chapter und Study Groups aufgerufen – und wir und Barcelona irgendwie vergessen. Es kann aber auch an der schlechten Akustik gelegen sein, weshalb wir den Aufruf nicht gehört haben. Prof. Kurashige als Moderatorin des Abends hat sich jedenfalls redlich bemüht, konnte aber trotz Mikrophon den Hintergrundlärm schwer übertönen. Also wurden wir nachträglich nochmal aufgerufen und vom Generaldirektor auf die Bühne gebeten und beklatscht. Außerdem gab es jede Menge Fotos mit den Professoren, die streng nach Rangordnung einmarschiert sind. An der Spitze Prof. Noda, dann gleich Kobayashi-Sensei und zuletzt Daiji Miura. Er und Prof. Kurata haben so ziemlich den meisten Applaus abbekommen, die beiden dürften ein tolles Seminar abliefern. Und Noda-Sensei ist sowieso eine Klasse für sich.
Ikenobō Senko ließ sich aufgrund von Terminkollisionen entschuldigen, es wurde aber eine Videobotschaft übermittelt, in der sie sich für die Teilnahme so vieler internationaler Gäste bedankt.
Die Ikebanesen sind dann wie ein Heuschreckenschwarm über das Buffet hergefallen, wer nicht schnell genug war (oder von einer lieben, aber ein wenig umständlichen kleinen Dame aufgehalten wurde) hat nicht mehr viel abbekommen. Auch das Dessert-Buffet war bis auf den letzten Krümel leergegessen, bevor das letzte Drittel der Anwesenden überhaupt die Gelegenheit hatte, dorthin vorzudringen.
Nach gut 2 Stunden wurden wir quasi hinauskomplimentiert. Die Ikenobō-Hymne wurde per Video zugespielt (es wurde auch fleißig mitgesungen), die Professoren sind abgegangen und wir durften uns draußen um ein Taxi anstellen. Da es immer noch drückend heiß ist, wollte sich keiner zu Fuß auf den Heimweg machen.
Letzter Seminartag, die Zeit ist wieder viel zu schnell vergangen. Heute beschäftigen wir uns mit Rikka shimpūtai und beginnen die Lektion wie üblich mit einer Theorie-Einheit. Es geht um die wesentlichen Unterschiede zwischen shōfūtai und shimpūtai und darum, dass jeder Professor eigene Vorlieben hat. Kobayashi-Sensei möchte beispielsweise viele verschiedene Materialien im Arrangement sehen. Außerdem ist ihm Bewegung und Richtung wichtig und die mizugiwa soll sauber gearbeitet werden. Ansonsten sollen wir die natürliche Form der Pflanzen bestmöglich ausnützen.
Bezüglich der Vasen wurde uns geraten, auf große (runde) Öffnungen und weite Schalen zu verzichten, da sonst die mizugiwa nicht gut zur Geltung kommt. Also ruhig breite Vasen nehmen, dann aber welche mit einer ovalen Öffnung. Und unbedingt auf einen glatten, geraden Rand achten, keine Schnörkel oder Ausnehmungen.
Nach dem Besuch im Gefäßraum ging es hinunter in die Blumenhandlung. Das heutige Angebot war wieder etwas anders, ich habe allerdings noch Lotos gefunden. Da diese Pflanze im nächsten JZB behandelt wird und ich sowieso noch nie damit gearbeitet habe, ist das eine gute Gelegenheit.
Nur gut, dass ich die Spray-Pumpe mitgenommen habe, damit lassen sich die Blätter schön aufpumpen. Die Blüten sehen recht knospig aus, obwohl sie ganz leicht ihre Blütenblätter verlieren. Um sie aufgeblüht erscheinen zu lassen, gibt es einen Trick mit feuchten Papierstreifen, die zwischen die Blütenblätter gestopft werden. Dadurch trennen sie sich voneinander und die Blüte sieht offener aus. Von Barbara, die in der vergangenen Woche ein Lotos-Rikka gearbeitet hat, konnte ich weitere Tipps und Tricks erfahren.
Monika ist uns auch wieder über den Weg gelaufen und wir haben die Mittagspause im Schatten vor dem Rokkakudo mit Informationsaustausch über die verschiedenen Professoren verbracht. Sie ist in der Klasse von Daiji Miura und Eva ist glücklich mit Hirotaka Furukawa.
In meiner Gruppe fällt auf, dass sehr viele große Blätter für das Rikka shimpūtai verwendet werden. In der Blumenhandlung gibt es die in allen möglichen Arten, Größen und Schattierungen, bis hin zu vergilbt und sogar vertrocknet, da muss man ja zuschlagen.
Trotz der sehr sorgfältigen Korrektur durch Kobayashi-Sensei sind wir ausgesprochen zeitig fertig und wir erhalten unsere Teilnahmezertifikate. Der Professor lobt uns ausdrücklich und erklärt, dass wir wirklich eine fortgeschrittene Klasse sind und besser als er erwartet (oder befürchtet?) hat. Dann verabschiedet er sich und uns bleibt nichts anderes übrig, als aufzuräumen.
Das gestaltet sich teilweise ein wenig mühsam, denn jedes Fitzelchen Draht muss vom Grünzeug getrennt werden und wenn man sorgfältig gedrahtet hat, ist das ganz schön viel Arbeit. Aber immerhin müssen wir nicht alle Pflanzen vernichten, denn wir können die brauchbaren Reste für die internationale Klasse aufheben. So haben wir alle etwas davon.
Und das war es dann auch schon wieder mit dem World Seminar 2024 – auf ein Wiedersehen Ende März 2025! Hier nun unsere heutigen Arbeiten und die bisherigen Arrangements von Monika.
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