Mittwoch, 28. August 2024

Sonnenblumen

Das Thema unseres gestrigen Übungsabends lautete 'Sonnenblumen'. Geplant waren Freestyle, Shōka sanshu-ike oder Shōka shimpūtai. 
Eigentlich könnte man denken, dass es im Spätsommer kein Problem sein sollte, Sonnenblumen selbst am Blumenfeld schneiden oder im Handel kaufen zu können. Aber weit gefehlt, außer einigen Exemplaren mit Blütendurchmessern von über 20 cm war am Großmarkt nichts zu finden und in den Blumenhandlungen herrschte ebenfalls Flaute. Gut, dass es noch eine weitere Einkaufsmöglichkeit gab, dort waren dann Minisonnenblumen der Sorte 'Sonja' aufzutreiben. 
Aus einer Vorahnung heraus wurde bereits bei der Vorankündigung des Übungsabends die Pflanzenpalette erweitert, neben Sonnenblumen konnte auch Topinambur, Rudbeckia oder Helenium verarbeitet werden. Alles Pflanzen, die in irgendeiner Form an Sonnenblumen erinnern. Im äußersten Notfall wären auch Gerbera akzeptiert worden, aber so weit ist es dann doch nicht gekommen. 
Es entstanden vielfältige Arbeiten, die später noch durch Fotos von Hausübungen ergänzt werden. 

Neben Ikebana warteten die Teilnehmer*innen gespannt auf Berichte aus erster Hand, wie es denn so in Japan gewesen wäre (in erster Linie heiß), wie das World Seminar gelaufen ist (sehr lehrreich und auch fordernd) und ob die Blumenhandlung im Keller des HQ wirklich so toll sei (unbeschreiblich, ein Paradies für Ikebanesen). Da haben einige vielleicht Lust auf den zweiten Teil des Seminars bekommen, der Ende März über die Bühne gehen wird. Man wird sehen. 
Außerdem mussten die Vertretungen für die Übungsabende im November und Dezember gefunden werden. Toll, dass es genügend Kandidatinnen dafür gibt, die sich auch gerne bereit erklärt haben. 

Im September geht es dann wieder los mit den regulären Treffen und auch ein Workshop mit Schwerpunkt Rikka shimpūtai steht uns noch ins Haus. Hier aber erst einmal die Bilder der gestrigen Arbeiten.

Freestyle
Shōka sanshu-ike 
(Bei Bild 1 ist die Arbeit etwas zu sehr gedreht, in Wahrheit ist der Fuß sehr schön gewesen)

Shōka shimpūtai

Freitag, 2. August 2024

Seminar in Kyoto - (leider) letzter Tag

Der gestrige Empfang war sehr unterhaltsam und irgendwie typisch japanisch. Viele Verbeugungen und Geklatsche, dann wurden die einzelnen Chapter und Study Groups aufgerufen – und wir und Barcelona irgendwie vergessen. Es kann aber auch an der schlechten Akustik gelegen sein, weshalb wir den Aufruf nicht gehört haben. Prof. Kurashige als Moderatorin des Abends hat sich jedenfalls redlich bemüht, konnte aber trotz Mikrophon den Hintergrundlärm schwer übertönen. Also wurden wir nachträglich nochmal aufgerufen und vom Generaldirektor auf die Bühne gebeten und beklatscht. Außerdem gab es jede Menge Fotos mit den Professoren, die streng nach Rangordnung einmarschiert sind. An der Spitze Prof. Noda, dann gleich Kobayashi-Sensei und zuletzt Daiji Miura. Er und Prof. Kurata haben so ziemlich den meisten Applaus abbekommen, die beiden dürften ein tolles Seminar abliefern. Und Noda-Sensei ist sowieso eine Klasse für sich.
Ikenobō Senko ließ sich aufgrund von Terminkollisionen entschuldigen, es wurde aber eine Videobotschaft übermittelt, in der sie sich für die Teilnahme so vieler internationaler Gäste bedankt.

Die Ikebanesen sind dann wie ein Heuschreckenschwarm über das Buffet hergefallen, wer nicht schnell genug war (oder von einer lieben, aber ein wenig umständlichen kleinen Dame aufgehalten wurde) hat nicht mehr viel abbekommen. Auch das Dessert-Buffet war bis auf den letzten Krümel leergegessen, bevor das letzte Drittel der Anwesenden überhaupt die Gelegenheit hatte, dorthin vorzudringen.
Nach gut 2 Stunden wurden wir quasi hinauskomplimentiert. Die Ikenobō-Hymne wurde per Video zugespielt (es wurde auch fleißig mitgesungen), die Professoren sind abgegangen und wir durften uns draußen um ein Taxi anstellen. Da es immer noch drückend heiß ist, wollte sich keiner zu Fuß auf den Heimweg machen.

Letzter Seminartag, die Zeit ist wieder viel zu schnell vergangen. Heute beschäftigen wir uns mit Rikka shimpūtai und beginnen die Lektion wie üblich mit einer Theorie-Einheit. Es geht um die wesentlichen Unterschiede zwischen shōfūtai und shimpūtai und darum, dass jeder Professor eigene Vorlieben hat. Kobayashi-Sensei möchte beispielsweise viele verschiedene Materialien im Arrangement sehen. Außerdem ist ihm Bewegung und Richtung wichtig und die mizugiwa soll sauber gearbeitet werden. Ansonsten sollen wir die natürliche Form der Pflanzen bestmöglich ausnützen. 
Bezüglich der Vasen wurde uns geraten, auf große (runde) Öffnungen und weite Schalen zu verzichten, da sonst die mizugiwa nicht gut zur Geltung kommt. Also ruhig breite Vasen nehmen, dann aber welche mit einer ovalen Öffnung. Und unbedingt auf einen glatten, geraden Rand achten, keine Schnörkel oder Ausnehmungen.

Nach dem Besuch im Gefäßraum ging es hinunter in die Blumenhandlung. Das heutige Angebot war wieder etwas anders, ich habe allerdings noch Lotos gefunden. Da diese Pflanze im nächsten JZB behandelt wird und ich sowieso noch nie damit gearbeitet habe, ist das eine gute Gelegenheit. 
Nur gut, dass ich die Spray-Pumpe mitgenommen habe, damit lassen sich die Blätter schön aufpumpen. Die Blüten sehen recht knospig aus, obwohl sie ganz leicht ihre Blütenblätter verlieren. Um sie aufgeblüht erscheinen zu lassen, gibt es einen Trick mit feuchten Papierstreifen, die zwischen die Blütenblätter gestopft werden. Dadurch trennen sie sich voneinander und die Blüte sieht offener aus. Von Barbara, die in der vergangenen Woche ein Lotos-Rikka gearbeitet hat, konnte ich weitere Tipps und Tricks erfahren.

Monika ist uns auch wieder über den Weg gelaufen und wir haben die Mittagspause im Schatten vor dem Rokkakudo mit Informationsaustausch über die verschiedenen Professoren verbracht. Sie ist in der Klasse von Daiji Miura und Eva ist glücklich mit Hirotaka Furukawa.

In meiner Gruppe fällt auf, dass sehr viele große Blätter für das Rikka shimpūtai verwendet werden. In der Blumenhandlung gibt es die in allen möglichen Arten, Größen und Schattierungen, bis hin zu vergilbt und sogar vertrocknet, da muss man ja zuschlagen. 
Trotz der sehr sorgfältigen Korrektur durch Kobayashi-Sensei sind wir ausgesprochen zeitig fertig und wir erhalten unsere Teilnahmezertifikate. Der Professor lobt uns ausdrücklich und erklärt, dass wir wirklich eine fortgeschrittene Klasse sind und besser als er erwartet (oder befürchtet?) hat. Dann verabschiedet er sich und uns bleibt nichts anderes übrig, als aufzuräumen. 
Das gestaltet sich teilweise ein wenig mühsam, denn jedes Fitzelchen Draht muss vom Grünzeug getrennt werden und wenn man sorgfältig gedrahtet hat, ist das ganz schön viel Arbeit. Aber immerhin müssen wir nicht alle Pflanzen vernichten, denn wir können die brauchbaren Reste für die internationale Klasse aufheben. So haben wir alle etwas davon. 

Und das war es dann auch schon wieder mit dem World Seminar 2024 – auf ein Wiedersehen Ende März 2025! Hier nun unsere heutigen Arbeiten und die bisherigen Arrangements von Monika.

#

Donnerstag, 1. August 2024

Seminar in Kyoto - Tag 3

Heute ist Freestyle-Tag und ich kann meine neuen, vorbestellten Vasen ausprobieren. Allerdings nur zwei aus dem Set, denn der Professor meinte, dass das genug wäre. Also gleich in der Früh rauf in den Shop und Oasis besorgt – der tägliche Besuch im Ikebana-Paradies. Es ging sich auch noch vor dem Unterricht aus, dass ich die Vasen fertig hergerichtet habe.

Der Unterricht begann dann mit der Ankündigung, dass sich eine der Damen bei einem Sturz im Hotel verletzt hat und jetzt mit gebrochener Hüfte im Krankenhaus liegt. Sie wurde bereits operiert, darf aber mindestens drei Wochen nicht fliegen. Zu all dem Ärger und den Schmerzen sitzt sie hier fest und mit der Versicherung wird es auch nicht einfach werden. Zumindest haben wir ihr eine Karte mit Genesungswünschen unterschrieben, die vom HQ ins Krankenhaus gebracht wird. Die internationale Abteilung ist da sehr bemüht, alles zu regeln.

Kobayashi-Sensei stellte gleich zu Beginn der Theorie-Einheit fest, dass er Freestyle zwar sehr liebt, aber Schwierigkeiten hat, diesen Stil zu unterrichten. Das hat man seinen Ausführungen auch ein wenig angemerkt. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es wahnsinnig schwer ist etwas zu vermitteln, das so sehr auf Emotionen beruht und eigentlich keine Regeln besitzt. Nach der Theorie ging es dann runter in den Blumenshop, und dort weiß man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Ein riesiges Angebot und so viele interessante Pflanzen, die ich nur von Fotos kenne.

Da ich bereits eine ungefähre Vorstellung davon habe, was ich arrangieren möchte, suche ich mir Ballonblumen, Celosien, Goldbaldrian und Gräser aus. Zusammen mit den Materialien vom Vortag sollte ich meine Idee halbwegs umsetzen können. Mir schwebt eine Wiese im Sommerwind vor – 'wind in the fields'.

Dunkelrote und orangefarbene Celosien als Schwerpunkt am Vasenrand, die weißen, blauen und gefleckten Ballonblumen schön bewegt und den Wind durch Fuchsschwanzgräser angedeutet. Das Ganze mit Patrinia aufgehellt und in einer der Vasen als Überraschung eine pinkfarbene Nelke. Für das nötige Grün sorgen Vaccinium und Euonymus. 
Die Vasen sind gleich groß, haben aber unterschiedliche Farben. Durch die weiße im Hintergrund entsteht ein perspektivischer Effekt, der durch die zarteren Gräser in diesem Teil noch verstärkt wird. Diese Idee ließ sich auch gut umsetzten, obwohl ich mich vermutlich nie so richtig mit Oasis anfreunden werde. 
Kobayashi-Sensei konnte mein Konzept nachvollziehen und ihm hat die Farbverbindung zwischen den weißen, blauen und gefleckten Ballonblumen gefallen (auf dem Foto kommt das leider nicht so rüber, aber im hinteren Gefäß stehen weiße Ballonblumen mit blauen Sommersprossen). Er hat noch etwas Euonymus dazugesteckt und war sonst sehr zufrieden.
Auch die anderen Arbeiten waren sehr originell und vielfältig, sowohl was die Gefäße als auch die Pflanzen und Konzepte anging. Allerdings wurden wir nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, nur unsere eigenen Arrangements zu fotografieren und keine Bilder oder Videos vom Unterricht zu veröffentlichen. Scheinbar haben sich wohl einige in den letzten Tagen nicht an diese Aufforderung gehalten.

Bei Eva stand heute Rikka shimpūtai auf dem Programm, das morgen in meinem Kurs als krönender Abschluss des Seminars auf mich zukommt. Wenn es so gut läuft wie bisher, freue ich mich darauf.
Jetzt geht es aber erst einmal zurück ins Hotel und dann am Abend zum festlichen Empfang.